Cross-border divorce: jurisdiction and procedure

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Der Grundsatz der Rechtshängigkeit – Artikel 19 Absatz 2

 

Ein Gericht gilt nach Artikel 16 als angerufen:

  • zu dem Zeitpunkt, zu dem das verfahrenseinleitende Schriftstück bei Gericht eingereicht wurde und der Antragsteller die ihm obliegenden Maßnahmen getroffen hat, um die Zustellung des Schriftstücks an den Antragsgegner zu bewirken, oder
  • falls die Zustellung an den Antragsgegner vor Einreichung des Schriftstücks bei Gericht zu bewirken ist, zu dem Zeitpunkt, zu dem die für die Zustellung verantwortliche Stelle das Schriftstück erhalten hat.

Unter Umständen ist mehr als ein Gericht in mehr als einer Rechtsordnung mit ein und demselben Verfahren befasst. Artikel 19 Absatz 2 regelt mithilfe des Grundsatzes der Rechtshängigkeit, was in dieser Situation geschieht.

Artikel 19 Absatz 2 – Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Verfahren bezüglich der elterlichen Verantwortung für ein Kind wegen desselben Anspruchs anhängig gemacht, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geklärt ist.

  • Werden zwei Gerichte wegen desselben Anspruchs im Zusammenhang mit ein und demselben Kind angerufen, hat das zuerst angerufene Gericht Vorrang. Das später angerufene Gericht hat das Verfahren auszusetzen, während das zuerst angerufene Gericht prüft, ob es zuständig ist.
Es muss festgestellt werden, ob die beiden Sachen denselben Anspruch im Zusammenhang mit ein und   demselben Kind betreffen. Betreffen die Rechtssachen zwei verschiedene Ansprüche, können die zwei   getrennten Ansprüche vor getrennten Gerichten verhandelt werden, sofern diese beiden Gerichte zuständig   sind.
  • Ist das zuerst angerufene Gericht nach Brüssel IIa zuständig, befasst es sich in der Sache mit den Fragen der elterlichen Verantwortung und erlässt eine Entscheidung. Das später angerufene Gericht erklärt sich für nicht zuständig.
  • Ist das zuerst angerufene Gericht nach Brüssel IIa nicht zuständig, erklärt es sich für nicht zuständig. Das später angerufene Gericht kann dann sein Verfahren wieder aufnehmen und prüfen, ob es zuständig ist.

Zu prüfende Fragen:

1. Ist das Gericht das zuerst oder das später mit dem Verfahren befasste Gericht?
2. Betreffen die Anträge dasselbe Kind und denselben Anspruch?
3. Wenn ja, hat das zuerst angerufene Gericht Vorrang und kann seine eigene Zuständigkeit nach Brüssel IIa feststellen.


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Sowohl Marilyn als auch Jack wollen das Sorgerecht für Blossom erlangen. B bleibt in den Niederlanden. M erhebt in Spanien Klage nach Artikel 12 Absatz 3 auf der Grundlage einer auf ihre Staatsangehörigkeit gestützten wesentlichen Bindung zwischen B und Spanien. J erheb in den Niederlanden Klage nach Artikel 8 mit der Begründung, dass B ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den Niederlanden hat. Die Klage von M wird zuerst erhoben.

  • Es handelt sich hier um ein und dasselbe Verfahren, zwischen denselben Parteien, aber vor verschiedenen Gerichten.
  • Das spanische Gericht wurde zuerst angerufen und hat das Recht, seine eigene Zuständigkeit zu prüfen.
  • Das niederländische Gericht hat das Verfahren auszusetzen, während das spanische Gericht prüft, ob es in der Sache zuständig ist.


Welches Ergebnis ist zu erwarten?

  • Das spanische Gericht wird sich für nicht zuständig erklären, wenn J einer Anhörung in Spanien nach Artikel 12 Absatz 3 nicht zustimmt und eine Anhörung in Spanien nicht dem Wohl von B entspricht. Da B in den Niederlanden bleibt, ist es unwahrscheinlich, dass eine Anhörung in Spanien ihrem Wohl entspricht.
  • Das niederländische Gericht kann dann das Verfahren von J wieder aufnehmen und prüfen, ob B ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den Niederlanden hat, um sich nach Artikel 8 für zuständig zu erklären.